Kajak-Rundtour um den Unteruckersee bei Prenzlau
15.07.2018 - Kleine Kajak-Sonntagstour um den Unteruckersee im Juli mit Schwanenschreck und Technolärm, aber trotzdem schön.Länge: 15 km
Wenn ein Besucher vom Turm der Marienkirche der Stadt Prenzlau nach Süden schaut, erblickt er einen schönen langgestreckten See in einer weiträumigen, nur leicht hügelig geschwungenen Landschaft. Dies ist der Unteruckersee, ein Glazialrinnensee aus der letzten Eiszeit, 2 Kilometer breit, 7 Kilometer lang und bis zu 19 Meter tief, an dessen südlichem Ende sich eine sumpfige, durch den schmalen Uckerkanal durchquerte Zone, und dahinter der etwas kleinere Oberuckersee anschließt. Man muss also eine Landkarte auf den Kopf stellen und sich in den Prenzlauer hineinversetzen, um die Nomenklatur zu verstehen. Unten ist oben.
An einem sonnigen Sonntag fahre ich an diesen See, an dessen nordwestlicher Uferpromenade sich direkt ein kostenloser Parkplatz anschließt, der nur 100 Meter von einer Steganlage entfernt ist, die für Kajakfahrer ideale Höhenverhältnisse zum Einsteigen aufweist.
Ich starte die Seeumrundung gegen den Uhrzeigersinn und lasse die Stadtkulisse von Prenzlau schnell hinter mir. Das Wasser ist von surreal milchig grün türkiser Farbe, ob das nun gute oder böse Algen sind vermag ich nicht zu sagen. Ich sehe nur einen einsamen Jollenkreuzer, ein paar kleine Motorboote, später 2 Mietkanus und den kleinen Ausflugsdampfer „Onkel Albert“, der regelmässig Unter- und Oberuckersee und den dazwischenliegenden Uckerkanal durchpflügt. Es ist Entspannung pur.
Nach etwas mehr als einer Stunde bin ich an der Einfahrt in den Uckerkanal angekommen und fahre noch ein paar Meter hinein in eine grüne Schilfwüste. Langsam meldet sich der Hunger und ich suche einen Rastplatz. Gleichzeitig nehme ich das monotone und immer laut werdende Basspumpen einer Technoparty war, die irgendwo am südöstlichen Ufer stattzufinden scheint. Hier in der Provinz haben abgelegte Musikrichtungen eine Überlebensdauer, die kaum zu fassen ist. Es ist einfach nur stumpf, stumpf, stumpf.
Anhand der Windrichtung befürchte ich, dass ich doch noch etwa 2 km weiter am östlichen Ufer entlangpaddeln muss, um dem nervenden Technorave-Inferno zu entkommen. Aber vorher muss ich noch eine Gruppe Schwäne passieren. Naturfreund, der ich bin, versuche ich mich gleich auf Distanz zu halten und auf keinen Fall zwischen Schwanenvater/-Mutter und Kinder zu kommen. Aber vergebens, schon kommt so ein gefiedertes Schwanenvieh auf mich zugeschwommen und beginnt zu keifen. Offenbar reklamiert so ein Schwan locker mal den ganzen See als Revier, Irrwege der Evolution. Ich versuche, ruhig meine Bahn in gehörigem Abstand zu ziehen. Ich: vernunftgesteuerter Homo sapiens, Du: instinktgesteuertes Urvieh – wir beide haben eine Lebensberechtigung und werden gut miteinander auskommen, Ommm. Die übrige Schwanenfamilie schwimmt schon längst mehrere hundert Meter weg mitten auf dem See, aber das Familienoberhaupt lässt nicht locker. Immer wieder überholt es mich in irrem flatternden Kamikazelauf über das Wasser und sperrt mir den Weg ab.
Nach 4 oder 5 solcher Attacken, ohne dass ein Ende abzusehen ist, reißt mir schließlich der Geduldsfaden und ich wechsele die Strategie. Ich paddele wie wild auf das Vieh zu, brülle und fuchtele drohend mit dem Paddel. Jetzt sind wir beide instinktgesteuerte Urviecher. Ergebnis: nahezu zero, der Vogel hält sich nun vielleicht einige Zentimeter weiter von mir fern, aber nur, solange ich brülle. Es tut sich eine kleine Badebucht auf und die dort Badenden schauen mich etwas irritiert an. Peinlich. Ich wechsele geschwind wieder zum Homo Sapiens und nach etwa 2 Kilometern ist dann tatsächlich Ruhe, die Vernunft hat gesiegt, der Schwan fällt langsam aber sicher immer weiter zurück. Auch die akustischen Umweltverschmutzer sind kaum noch zu hören. Die Uferzone ist flach, aber nahezu undurchdringliches Gestrüpp macht ein Anlanden schwierig. Auf einer winzigen Grasfläche, die im Dickicht auszumachen ist, bereite ich ein deliziöses Mahl aus einer Dose Ravioli und schaue romantisch über eine fast tropisch anmutende flach plätschernde Lagune auf den See nach Westen. Könnte der Konservenhersteller Maggi eigentlich ohne den Kajaksport überleben? Wohl kaum.
Auf den letzten Kilometern zurück am Ostufer nach Prenzlau schaffe ich es dann noch, beinahe einen großen Findling im Wasser zu rammen, obwohl er deutlich mit einer gelben Tonne gekennzeichnet ist. Entlang des städtischen Strandbades und hinter einer Wasserfontäne vorbei lande ich schließlich wieder am Einstiegssteg, verbringe das Kajak aufs Autodach und genieße noch ein Radler auf der Seeblickterasse des Restaurants „Fischerstrasse“.