Auf der Schwentine durch die holsteinische Schweiz von Eutin bis Kiel
16.05.25 - 19.05.25 - 4-tägige Kajaktour auf der Schwentine und den Seen der holsteinischen Schweiz bis in die Kieler FördeLänge: ca. 60km
Es ist ja nicht so, als hätte ich den Gewässerreichtum in Berlin und Brandenburg bei meinen Kajaktouren auch nur annähernd ausgeschöpft. Dennoch braucht es manchmal etwas Abwechslung und in diesem Fall auch einen Aspekt von „back to the roots“. Denn ich plane eine Kajaktour in meinem Heimat-Bundesland Schleswig-Holstein, das ich viel zu selten besuche:
Die Schwentine ist ein kleiner Fluß in der holsteinischen Schweiz südöstlich von Kiel und verspricht auf knapp 60 befahrbaren Kilometern ein abwechslungsreiches Paddelerlebnis. Selber meist schmal und flach, durchquert sie viele größere und kleinere Seen. In 4 Tagen soll es ohne Stress in kleinen Abschnitten von Eutin nach Kiel gehen, so dass neben der Zeit auf dem Wasser auch Zeit bleibt für kleine Stadtrundgänge in Malente, Plön, Preetz und dann natürlich in Kiel, der Stadt, in der ich geboren wurde.
Vor etwa 45 Jahren bin ich als Jugendlicher auf einer Teilstrecke der Schwentine mit meinem damaligen Verein, den Itzehoer Wasser-Wanderern, schon einmal gepaddelt. Die Erinnerungen daran sind verblasst – ganz entfernt kommt mir ein in Abschnitten munter fließendes Flüßchen in den Sinn und als Kind habe ich auch einmal eine dieser schönen 5-Seen-Fahrten in der holsteinischen Schweiz mitgemacht. Spannend also, ob sich hier Erinnerung und Wirklichkeit noch irgendwie in Deckung bringen lassen.
Tag 1: Eutin bis Malente (10 km)
Nach einer 3-stündigen Fahrt aus Berlin gelange ich zum Ausgangspunkt am östlichen Ende des Eutiner Sees. Dort an der alten Schäferei befindet sich ein Wald-Parkplatz und nur wenige Meter weiter gelangt man per Kajakwagen an eine kleine Bucht, deren Zugang zwischen Infotafel und Wanderhütte etwas versteckt im Dickicht liegt.

Ein SUP-Paddler ist grade etwas enttäuscht zurückgekommen, da ein ordentlicher Gegenwind aus West weht. Ein Kanute bereitet ebenfalls eine Tour vor und wir kommen kurz ins Gespräch. Er hat sich auf seinem Kanu eine Halterung für ein Roll-Lattenrost montiert. So kann er überall übernachten, ohne aussteigen zu müssen – sehr praktisch.
Es ist tatsächlich etwas ruppig auf dem Eutiner See mit böigen 4 Windstärken aus Nordwest, aber auszuhalten. Schliesslich muss ich heute auch nur 10 Kilometer durchhalten bis zum ersten Tagesziel und Wind und Welle lassen auch schon nach, als ich am westlichen Seeende ankomme.

Links liegt nach knapp 3 Kilometern das Eutiner Schloss zwischen Bäumen und noch weiter links nach hinten versetzt eine Veranstaltungstribüne im See, wo anscheinend für ein klassisches Konzert geübt wird – jedenfalls werden immer wieder kurze Klang- und Gesangsfetzen über das Wasser geweht.

Rechts, d.h. nordwärts gelange ich unter einer Fußgängerbrücke in den kleinen Eutiner See, wo gleich eine schöne alte hölzerne Seebadeanstalt am rechten Ufer auffällt.

Am Ende des kleinen Sees geht es nach etwa 700 Metern in die Schwentine. Die Einfahrten sind aus der Entfernung kaum zu erkennen und nur mit kleinen roten Spitzkegeln gekennzeichnet. GPS/GoogleMaps oder eine gute Karte sind daher sehr hilfreich. Infotafeln am Wasser mit Hinweisen und Kilometrierung wie auf Havel und Spree sucht man auf der Schwentine vergeblich, aber man gewöhnt sich dran.

Ich tauche jetzt in ein Blätterdickicht ein, durch das sich die Schwentine hindurchschlängelt. Diese Abwechslung zwischen Seen-Weite und Amazonasgefühl prägt die gesamte Tour.

Bevor die Schwentine weiter in den Kellersee fliesst, gibt es bei der Fissauer Mühle das erste Hindernis zu überwinden. Hier muss über eine Brücke umgetragen werden.

Dann geht es nach kurzer Strecke nordwärts in den Kellersee, der sich hier zu einer zungenförmigen Bucht verschlankt. Links liegt ein Campingplatz und links am Ufer geht es, als sich der See öffnet, auch Richtung Bad Malente, wo die Schwentine nach etwa 3,4 Kilometer am südwestlichen Seeufer wieder austritt.



Schon nach kurzer Strecke bin ich an einem kleinen, ruhigen Campingplatz in Bad Malente angelangt und kann mein Zelt auf einer kleinen Wiese direkt am Wasser aufstellen.

Abends schlendere ich noch durch den üppig grünen Kurpark der kleinen Stadt und kann nicht umhin, das nach 10 gepaddelten Kilometern eher eingebildete Kaloriendefizit mit Burger und Fritten aufzufüllen.
Tag 2: Bad Malente bis Plön (16 km)
Die Schwentine schlängelt sich nun knapp 2 Kilometer weiter westwärts durch Bad Malente bis zu einem Wehr kurz vorm Dieksee, dessen rauschendes Gefälle über eine Rollenbahn überwunden werden kann.

Im Hintergrund ist hier ein hässlicher 70er Jahre Hotelprachtbau zu bewundern und auch am Eingang des Dieksees wurde linkerhand ein Meisterwerk brutalistischer Architektur erbaut. Bei all dem Grün drumherum ist das fast ein interessanter Kontrast, vielleicht ähnlich, als wenn man unvermittelt die Ruinen der Inkas im Dschungel entdeckt. Eine andere Zeit, die hier ihr steinernes Weltbild hinterlassen hat.

Es geht nun westwärts durch den geräumigen Dieksee.

Nach einer Strecke von knapp 4 Kilometern kann rechts von einer prägnanten Schilfhalbinsel unter einer Brücke hindurch der etwas kleinere Behler See erreicht werden.

Am westlichen Ende des Behlersees gibt es nach etwa 2,5 Kilometern eine leichte waldig umsäumte Verengung und links eine kleine Sandbucht zum anschließenden Höftsee mit Rastmöglichkeit, wo ich pausiere.

Eine Tafel informiert hier über die Schwentine, Geschichte, Flora und Fauna in der Umgebung von Plön.

Bei der Weiterfahrt vertue ich mich mit der Schwentine-Einfahrt und gelange zu einer Stippvisite in den kleinen Edebergsee, wo es nicht weitergeht.

Ein junger Mann, ebenfalls in einem Seayak-Kajak unterwegs, ist mir gefolgt und nun wie ich etwas ratlos, wo es denn hier weitergeht. Vielleicht etwas konsterniert, dass ich ihn in die Irre geführt habe, fährt er vor mir zurück und wendet sich nach rechts, was ebenfalls falsch ist. Denn die eigentliche Ausfahrt liegt nun links und ist auch gar keine Ausfahrt, sondern hier muss über einen Ponton und eine Rollrampe ebenfalls ein Wehr umtragen werden.

Nach einer kurzen Strecke von 500 Metern ist der Plöner See erreicht. Vor der Einfahrt liegt ein aufs Altenteil gelegter Ausflugsdampfer in der Schwentine. Vielleicht war es das Schiff, mit dem ich als kleiner Junge über die 5 Seen gefahren bin.

Die Ausflugsdampfer, von denen ich eigentlich Scharen erwartet hatte, die zur 5-Seen-Fahrt einladen, halten sich im Übrigen in Grenzen – vielleicht ist das auch eher ein Wochenendgeschäft.
Der Plöner See ist riesig mit einer Fläche von fast 30 Quadratkilometern und der größte See Schleswig-Holsteins. Er erstreckt sich nach Süden und der westliche Ausläufer wird durch eine Halbinsel, die Prinzeninsel, abgeschirmt, so dass der anhaltende Nordwestwind hier nicht wirklich punkten kann, da er zu wenig Anlauffläche hat. Ich paddele zunächst auf das Plöner Schloss zu, das auf einer Anhöhe gelegen über den See schaut. Der Brillenhersteller Fielmann unterhält hier eine Akademie im historischen Ambiente.

Dann wende ich mich aber nach rechts, wo beim Bootshafen ebenfalls die Schwentine, hier als Stadtschwentine bezeichnet, austritt und sich eine Weiterfahrt anbieten würde. Mein Tagesziel ist aber der Campingplatz Spitzenort und ich paddele jetzt südwärts Richtung Prinzeninsel, hinter der der Platz liegt.
Im Gegenlicht wird eine Skurrilität sichtbar: Eine kleine baumbestandene Insel unweit vom Seeufer ist von hunderten Kormoranen okkupiert, die sich hier dauerhaft eingerichtet haben. Die Rinde aller Bäume und die ganze Insel sind geisterhaft weissgefärbt vom Vogelkot, dessen beizender Geruch beim Vorbeifahren in die Nase fährt.

Um den Campingplatz Spitzenort zu erreichen, könnte man die Prinzeninsel, die sich einige Kilometer nach Süden erstreckt, umfahren, muss man aber nicht. Ein kleiner Durchstich bietet die Möglichkeit einer Abkürzung, so dass ich von hinten an den Campingplatz gelange und dort an einer Sandbucht anlande. Dieser Platz ist riesig, ziemlich unpersönlich erstreckt er sich über sicher einen Kilometer über die Halbinsel – mit den immergleichen weißen Wohnmobilen und ihren irgendwie auch standardisierten Bewohnern versehen. Zelte sind nirgendwo zu sehen und ich bin etwas ratlos. Die Rezeption des Platzes, viele hundert Meter von der Badebucht entfernt, macht Mittagspause, so dass ich erstmal eine Stunde pausieren muss. Letztlich wird aber alles gut, das Team ist sehr nett und es gibt doch eine kleine Zeltwiese am westlichen Rand, so dass ich noch einmal ins Kajak steige, um dort direkt anzulanden und mein Zelt aufzubauen. Der unverstellte Ausblick aus dem Zelt auf den Plöner See versöhnt mit der etwas anonymen Camping-Großstadt dahinter.

Nur ein Radfahrerpärchen ist noch da, viel mehr Platz gäbe es aber auch nicht auf der kleinen Wiese. Meine Vorstellung, dass die ganze Holsteinische Schweiz, die Schwentine und die vielen Seen ein einziges Paddlerparadies sind, ist zwar richtig. Die Frage ist nur: wo sind all die anderen Paddler und Kanuten? Und wo würden sie unterkommen? Ich mache mich zu Fuß auf den Weg nach Plön, komme am Schloss vorbei, wo es eine schöne Sicht auf den See gibt und gelange in die Fußgängerzone für einen Kaffee.

Es ist wirklich eine gute Idee, die Tageskilometer zu reduzieren, um mehr Zeit für die Erkundung der Umgebung zu gewinnen. Allerdings sind die Übernachtungsmöglichkeiten auch gar nicht so üppig auf dieser Tour. Mein nächstes Tagesziel, Preetz, 17 km entfernt, bietet auch erst den nächsten Campingplatz, wenn ich das richtig sehe.
Tag 3: Plön bis Preetz (15,5 km)
Der nächste Morgen verspricht einen ruhigen Tag. Vielleicht muss sich auch der Westwind einmal ausruhen.

Auf der Rückseite des Campingplatzes Spitzenort gelange ich über einen Treidelpfad in den kleinen Mühlensee und von dort unter der Bahnlinie und durch einen weiteren Minisee hinein in den kleinen Plöner See.

Es geht nach knapp 2 Kilomentern links in nordwestlicher Richtung an den Ortschaften Dörnick, am linken Ufer gelegen, und Wittmoldt, rechts gelegen, vorbei.

Die Schwentine gleicht hier eher einem langgezogenen See, bis sie nach ca. 3,5 Kilometern wieder schmaler wird und über den kleinen Kronsee und Fuhlensee in den Lanker See führt.

Der kleine Kronsee und dann anschließende Fuhlensee sind zu durchqueren, bis ich zum Lanker See gelange.


Der Lanker See zeigt noch einmal Weite. Ich fahre auf die Insel Probstenwerder zu und steuere links daran vorbei das Strandbad am nordöstlichen Ufer an, eine Strecke von etwa 3 Kilometern.

Von der Terasse des Strand-Restaurants mit deftiger Kost hat man einen schönen Blick über den See nach Süden.

Von hier ist es nur noch eine guter Kilometer bis zum Kirchsee, dem Stadtsee von Preetz, der eigentlich nur eine Verbreiterung der Schwentine ist. Beim dortigen Campingplatz – Naturcamping und Wohnmobilpark Kirchsee, habe ich mein Tagesziel erreicht.

Der Platz ist ruhig und überschaubar – mit sehr netter Betreiberin. Ein Kanuverleih ist hier angesiedelt und eine größere Wiese für Paddlergruppen ist vorhanden. Da sich eine Gruppe angekündigt hat, bekomme ich mit meinem kleinen Zelt einen komfortablen Platz bei den Wohnmobilen zugewiesen.

Ich wandere einmal um den Kirchsee, trinke einen Kaffee am Markt des überschaubaren Örtchens und gelange über den schönen Stadtpark am Westufer und eine hölzerne Fußgängerbrücke wieder zum Campingplatz zurück.
Tag 4: Preetz bis Kiel (19 km)
Als ich den Kirchsee und Preetz verlasse, kommt mir die Schwentine etwas lebendiger vor als bislang. Zwar sehr flach, aber mit streckenweise etwas stärkerer Strömung und darin bewegten Wasserpflanzen im klaren Wasser.
In der Nähe des Gutes Rastorf meine ich sogar einmal das stahlblaue Aufblitzen eines Eisvogels zu sehen, der durch das Dickicht flirrt. Ansonsten sind es hauptsächlich Enten, Gänse und die behäbig scheuen Kollegen Graureiher, die die Gegend bevölkern. An den Seen sind auch Möven, Kormorane und – ich habe sie leider nicht gesehen – auch Seeadler beheimatet.
Es ist eine Strecke von etwa 6 Kilometern, bis sich die Schwentine wieder etwas verbreitert.
Voraus taucht nun die „Weisse Brücke“ auf, die den Übergang zum Rosensee kennzeichnet.

Am Ende des Rosensees erreiche ich nach etwa 1,3 Kilometern das Wasserkraftwerk II, eines von 2 Wasserkraftwerken, die Anfang des 20. Jhdts. von Bernhardt Howaldt, einem Sohn des Gründers der Kieler Howaldt-Werft, erbaut wurde.
Die Anlage macht den eher abweisenden Eindruck einer Betonbarrikade. Großes Rauschen von donnernden Wassermassen (die Fallhöhe soll 8,50 Meter betragen), ist nicht zu vernehmen.
Für Kanuten geht es nun nur auf dem Landweg weiter. Links vor dem Kraftwerk ist ein gut ausgebauter Steg angelegt, von dem aus ein kleiner Waldspaziergang von 1,5 Kilometern gestartet werden muss. Mit einem Kajakwagen ist das kein Problem – ohne sähe es dagegen übel aus.

Vor dem Wasserkraftwerk I führt eine Brücke rechts über die Schwentine und nach ein paar hundert Metern führt wiederum links ein Weg zu einem kleinen Holzsteg, wo man wieder einsteigen kann. Besonders gut beschildert ist der Weg nicht, aber man kommt zurecht.
Wenn man bedenkt, dass man nun schon fast in Kiel ist, ist die Ruhe bemerkenswert. Die Schwentine wird etwas breiter. Einmal kommen mir Ruderer entgegen.

Auf einem Baumstamm sonnt sich ein Rudel Schildkröten, die hier heimisch sind.
Nach etwa 6 Kilometern gelange ich unter einer Brücke zum letzten Wehr vor der Kieler Förde in Kiel Wellingdorf.

Über eine Bootsrutsche treidele ich das Kajak ins Fördewasser. Am Steg wird mein Boot umflutet von den typischen weißen Ostseequallen, die wahrscheinlich vom Westwind hier hingetrieben wurden.

Wie der Geruch der Madeleine für Marcel Proust weckt dieser Geruch von kühlem Ostseewasser und den etwas fischigen Quallen tatsächlich Kindheitserinnerungen für mich. Ich bin fast am Ziel angekommen. Mein Plan war, nun noch die Förde zu überqueren, wo meine Eltern früher hinter der Blücherbrücke, die seinerzeit das Segelschulschiff Gorch Fock beheimatete, einen Liegeplatz für ihren umgebauten Fischkutter hatten.

Aus diesem Plan wird nun leider nichts. Stramm weht der Westwind gegenan. Als ich fast auf der Förde bin, wird auch die Welle unangenehm und es geht kaum noch voran. Fähr- und Schiffsverkehr sind für mich nicht richtig einzuschätzen.

Daher beschließe ich, die Tour hier zu beenden. Ein paar Segler im Yachthafen zeigen mir einen Jollensteg, wo ich anlegen kann und in Absprache mit dem Hafenmeister bringe ich das Kajak auf den Parkplatz der Anlage, wo ich es am Zaun sichern kann.

Hinter dem Seefischmarkt steige ich in die Fähre und lasse mich so über die Förde übersetzen zur Kiellinie. So habe ich die Fördeüberquerung doch noch geschafft. Die Aufbauarbeiten für die Kieler Woche, die am nächsten Tag beginnt, sind in vollem Gange. In der letzten Minute gelange ich zum Bahnhof und kann in den Regionalzug nach Eutin einsteigen. Der Zug fährt auf seiner Strecke an vielen Abschnitten der Tour vorbei, so dass ich alles noch einmal Revue passieren lassen kann. Vom Bahnhof Eutin gelange dann mit dem Bus zurück zum Ausgangsparkplatz an der alten Schäferei am Eutiner See.
Fazit
Eine sehr schöne Fluß- und Seen-Tour, für mich auch mit Kindheitserinnerungen behaftet, für alle Anderen aber auch einfach ein wunderbares Naturerlebnis, das auch Anfänger nicht schrecken sollte.