Auf dem Neckar von Sulz nach Horb
20.08.2024 - Wildwasser light - kurze Funtour auf dem oberen Neckar bei HorbLänge: 9,5 km
Mehrere Male im Jahr fahre ich mit meiner Frau in die kleine Stadt Horb am Ostrand des Schwarzwaldes. Sie besucht dort Ihre Mutter im Pflegeheim und ich begleite sie öfter dabei. Die Landschaft ist sehr schön, die Luft ist rein und würzig und es ist eine wahre Freude, hier tief einzuatmen. Die Böden sind fruchtbar, satt und lehmig. Ob die Gegend für Wassersportler etwas zu bieten hat, war für mich bislang eher fraglich. Natürlich: der Schluchsee, der Titisee, und – weit weg im Süden – unvergleichlich – der Bodensee, das schwäbische Meer. Ansonsten – der Neckar, nun ja. In Horb schlängelt sich der Neckar, entsprungen ca. 46 km südlich (Luftlinie) in Villingen-Schwenningen, also in Anbetracht seiner Gesamtlänge von 367 km bis zur Rheinmündung, noch in recht jugendlichem Zustand zwischen Bahnhof und Altstadt vorbei. Der Neckar war für mich in der inneren Wahrnehmung bisher ein verbauter und langweiliger Industriefluß, den die fleißigen Schwaben gezähmt und über Jahrhunderte für Ihre Geschäfte instrumentalisiert haben. Das gilt sicher auch für weite Teile des Flusses. In Horb ist der Neckar kaum 20 Meter breit, oft recht ausgetrocknet. Nach Regenfällen entwickelt er aber ein leichtes Wildwasserflair mit rauschendem, aber steinigem und flachen Sohlwasser unter den Brücken.
Dieses mal wollte ich es aber wissen – und natürlich: man kann dort auch paddeln. In Sulz, etwa 10 km Richtung Neckarquelle, gibt es den Kanuverleih Neptun – Sulz, der Kajaks und Kanadier verleiht und auch Touren anbietet. Ich fahre kurzentschlossen hin und lande inmitten einer fröhlichen Kinder- und Elternschar, die grade instruiert werden. Der Betreiber, Herr Weiblen, macht das routiniert und versiert. Er erkennt, dass ich etwas mehr Erfahrung habe als die Kleinen und ich erhalte als einziger ein gedrehtes Paddel. Die Boote haben alle etliche Blessuren und wohl unzählige Touren hinter sich. Ich werde in meinem gelben Wildwasser-Oldie-Kajak vom Ufer in den ordentlich strömenden Neckar geschoben, wo auch gleich die erste Sohlschwelle mit einer Biegung nach rechts wartet, die ich zum Glück mit Bravour meistere, ohne zu wissen, wie mir geschieht.
Ich habe die kleine „Classic“-Tour gebucht, direkt vom Verleih bis nach Horb, aber man kann auch weiter flussaufwärts einsteigen und auch weiter fahren. Sogar eine 2-Tagestour bis Rottenburg wird angeboten.
Das beschleunigten Fluten der Sohlschwellen ziehen mich nun auf den nächsten Kilometern immer wieder wie magisch in ihren Sog und schleusen mich durch flaches und steiniges, teilweise ordentlich aufspritzendes und über dem Kajakbug zusammenschlagendes Wasser. Ich begreife die Notwendigkeit, eine Spritzdecke zu tragen, nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch. Nur leider ist diese nicht so dicht, wie sie sein sollte und ich tanke ordentlich Neckarwasser. Da es ein sommerlich warmer Tag ist, ist das aber halb so wild und ich habe sogar Kenterklamotten dabei.
Zwischendurch gibt es immer wieder ruhige und idyllische Abschnitte bis zur nächsten Sohlschwelle. Interessant ist, dass man die zu großen Teilen entlang des Neckar verlaufende L24 so gut wie nicht bemerkt. Der Neckar wirkt oft, als würde er durch eine unberührte Naturlandschaft fließen.
2mal bleibe ich kurz stecken im Flachwasser der Sohlschwellen. Zusammen mit der ordentlichen Strömung würde das durchaus Potential für eine Kenterung bilden, falls sich das Kajak quer zur Strömung stellen sollte. Das geschieht zum Glück nicht. Als absoluter Wildwasserneuling habe ich natürlich keine Ahnung, höchstens Vermutungen, wie man die Strömung lesen und die beste Durchfahrt erkennen kann.
Richtung Horb wird es langsam etwas ruhiger. Viele der Familien habe ich inzwischen überholt.
Noch vor der Stadt Horb befindet sich der Ausstieg auf der linken Seite.
Ich fahre aber noch etwas weiter durch eine Brücke bis zum bekannten schönen Horber Stadtbild mit der Stiftskirche und den Fachwerkhäusern am Hang. Weiter geht es auch nicht, da hier ein Wehr gebaut ist, das man erst umtragen muss.
Zurück auf der Wiese am Ausstieg herrscht ein munteres Treiben. Der Kajakverleih bietet den Autofahrern unter den Paddlern an, sie beim Rücktransport der Boote mitzunehmen, so dass sie ihre Gruppe abholen können. Leider können nicht alle gleich mitkommen, so auch ich. Ich überlege, mit dem Regionalzug zu fahren, aber wie ich erfahre, macht die Bahn, die sonst in wenigen Minuten von Horb nach Sulz führe, mal wieder Pause – sie würde erst nach 2 Stunden fahren. Ich nutze die Zeit für einen Imbiss und kann dann tatsächlich mit einer zweiten Fuhre mitfahren.
Was soll ich sagen: es war eine schöne kleine Tour, die richtig Spaß gemacht hat. Ich habe als gelernter Flachwasserpaddler meinen Einstand in „Wildwasser light“ gehabt und muss mein Urteil über das wasserarme Schwaben und den langweiligen Neckar zumindest etwas revidieren. Ich werde die Tour sicher noch einmal wiederholen und die größere Strecke buchen, vielleicht sogar bis Rottenburg. Es ist aber zu lesen, dass die Neckarstrecke ab Mühlen doch mit vielen Umtragungen verbunden ist, was herausfordernd sein kann.
Weitere Informationen über das Paddeln auf dem Neckar geben die Paddelfreunde Tübingen.