Rundtour: Zeuthener See – Grosser Zug – Crossinsee – Oder Spree Kanal – Seddinsee

01.04.2016 - Eine nette, stresslose Rundtour im Süden Berlins zum Saisonauftakt

Länge: 14,5 km



Die Tour startet am Strandbad Schmöckwitz, vom Berliner Zentrum aus in etwa 30 Minuten gut erreichbar über das Adlergestell (wenns sich dort nicht grad mal wieder staut). Nach ein paar hundert Metern auf der Wernsdorfer Str. geht es direkt hinter der Schmöckwitzer Brücke rechts auf den Parkplatz des Strandbades, das eher eine einfache Badewiese ist.

An diesem sonnigen aber noch recht frischen Freitag halten sich hier nur wenige Besucher, Hundebesitzer und Kleinfamilien auf. Vom Parkplatz sind es noch knapp 150 Meter mit dem Bootswagen zum Einstieg. Eine flache Böschung ersetzt den Steg und erspart mir nasse Füsse in den flachen Bade-Sandbuchten.

Die Fahrt geht Richtung Süden, ein angenehmer Nordwest liegt mir im Rücken und schnell öffnet sich der Zeuthener See, eine Verbreiterung der Dahme – rechterhand liegt die Gemeinde Zeuthen mit durchgehender Uferbebauung. Am linken Ufer dagegen ist alles bewaldet bis auf das Jugendgästehaus einer japanischen Privatuniversität und die kleine Siedlung Rauchfangwerder am südlichen Rand. Die Ufergrundstücke während der gesamten Tour geben einigen Anlass zum Nachdenken über Prä- und Postwendezeiten und die wechselnden Geschicke der Einwohner. Von der einfachen Gammel-Datsche mit verfallendem Bootssteg in den typischen verblassenden DDR Farben matschbraun, schnoddergrün und trabbigrau über das Spare-spare-Häusle-baue Einfamilienhaus von der Stange bis zur arrivierten Besserverdiener-Villa mit nagelscherengeschnittenem terassiertem Rasen und sorgfältig drapierten nagelneuen Korbmöbeln ist alles zu finden. Es ist immer wieder erstaunlich, wieviel Wasser es in Berlin gibt und wieviele Einwohner das Glück haben, hier direkt am Wasser zu wohnen, ob sie nun sympathisch sind oder nicht.

Links auf der Waldseite zeigt sich nach einigen Metern der Campus Komplex des Jugendgästehauses der japanischen Teikyo-Universität. Und nach etwa 2 Kilometern imponiert am rechten Ufer in Südausrichtung die Villa Dussmann, eine 2013 sorgfältig renovierte Gründerzeitvilla mit bewegter Geschichte (Russen, Stasi, …), die ich ansteuere und mir vom Wasser aus etwas genauer ansehe. Von dort halte ich mich wieder mittig und paddle auf die kurz hinter der Seemitte gelegene kleine Mini-Insel Zeuthener Wall zu. Ein langer Schubverband mit Braunkohle fährt an Steuerbord träge nordwärts vor dem Zeuthener Kirchturm vorbei und an der Insel segelt mir eine Truppe Nachwuchssegler in ihren Optimisten entgegen, begleitet von den eifrigen Instruktionen des Trainers im Schlauchboot. 2 Kinder stehen auf der hinteren Luvkante ihres Optimisten. Erstaunlich, das so eine Minikiste auch den Einstieg ins Trapezsegeln ermöglicht.

Ansonsten sind nur wenige Motorboote unterwegs. Ein Freizeitkapitän mit gechartertem Hausboot fährt etwas desorientiert über den See und macht ordentlich Welle. Erstaunlich ist immer wieder die virtuelle soziale Rangordnung der Bootsgesellschaft. Als Kajakfahrer ist man meist der Underdog und betrachtet das ganze Spiel von aussen, nur selten wird man aktiv begrüsst und nur wenn man Initiative zeigt, kommt ein verhaltener Gruss zurück. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ob das nun Arroganz oder auch manchmal Scham über die verursachten Wellenberge und den Abgasgestank sind, keine Ahnung. Wahrscheinlich beides zugleich.

Hinter der Insel ist der Zeuthener See auch schon schnell zuende, insgesamt weist er eine Länge von etwa 4 km auf. Wer will, kann der Dahme nun weiter nach Süden folgen und irgendwann in den Spreewald gelangen, ein ganzes Wasserverkehrsnetz tut sich hier auf. Ich paddle aber links in den Grossen Zug hinein, einen etwas schmaleren Seenteil, der ums Eck wieder nordwärts zum Crossinsee führt. An der Südseite des nun zur Hälfte umrundeten Waldteils liegt die Siedlung Rauchfangwerder, vor deren weidenüberhangenen Ufer ich mich kurz treiben lasse und Kalorien auftanke. In Rauchfangwerder hatte der in den 70er Jahren aus den USA in die DDR übergesiedelte Sänger Dean Reed (der „rote Elvis“) sein Domizil, bevor er sich 1984 in den Fluten des Zeuthener Sees unter nicht ganz geklärten und erst nach der Wende zutage getretenen Umständen das Leben nahm.

Noch im Grossen Zug kurz hinter Rauchfangwerder gibt es links eine gute Rastmöglichkeit am Waldufer, die ich aber nicht wahrnehme.

Am Crossinsee zeigt sich nun, dass jeder Rückenwind auch zum Gegenwind werden kann, wenn man nur die Richtung wechselt. Einige Böen fegen über den See, ohne aber grossartig Wellen aufzutürmen, es wird nur etwas anstrengender. Ein ausgedehntes Wasserskigebiet erstreckt sich an Backbord, das im Sommer sicher einiges Tohuwabohu verspricht. Dahinter kommt linkerhand am Ausgang des Sees der Campingplatz Krossinsee mit vorgelagerter Marina in Sicht. Momentan sind hier nur unbevölkerte Dauercamper-Wohnwagen zu sehen und lediglich am Steg zeigt sich bereits etwas Leben. Im Sommer ergibt sich hier sicher eine Übernachtungsgelegenheit bei längeren Touren.

Der Crossinsee verengt sich nun und windet sich durch beidseitig bebaute Ufer. Nach etwa 1 km quert der Oder-Spree Kanal. Von weitem versetzt mich ein „Durchfahrt verboten“ Schild auf der linken Seite in helle Aufregung. Ist der Kanal etwa eine Einbahnstrasse und ich darf den ganzen Weg wieder zurücknehmen? Bevor ich innerlich überkoche von bereits detailliert imaginierter Behördenidiotie und völligem Versagen der Planung des Binnenschiffsverkehrs, bemerke ich, dass es nur um eine schmale Durchfahrt unter einer Brücke geht – alle Aufregung war ganz umsonst. Natürlich ist der Kanal in beide Richtungen befahrbar. Rechts ist schon die Wernsdorfer Schleuse zu sehen – ich biege aber links ein in den Kanal und paddle schnurstracks über knapp 3 Kilometer bis zum Seddinsee. Am Ausgang des Kanals in den See findet sich ein Gedenkstein, der an den Bau/Ausbau erinnert und Wegmarken anzeigt. Wer will, kann von hier über Fürstenwalde in die Spree (24 km) und von da weiter bis nach Eisenhüttenstadt zur Oder gelangen, eine Strecke von insgesamt 85 km.

Der Seddinsee ist rundum bewaldet und macht den natürlichsten Eindruck der ganzen Strecke, sieht man mal von einigen Fliegern ab, die noch recht weit oben am Himmel Schönefeld (oder Tegel?) ansteuern. Der See öffnet sich weit nach Osten aber ich halte mich westlich. Kurz oberhalb der Schmöckwitzer Brücke gelange ich wieder auf die Dahme, unterquere die Brücke und bin nach wenigen Metern wieder am Strandbad, dem Ausgangsort der Tour, angelangt. Ein paar Sonnenstrahlen und eine Dose Sardinen später transportiere ich das Material zum Parkplatz, wo eine etwas schrabbelige Gaststätte mit lautem deutschem Schlager auf sich aufmerksam macht. Wer hungrig und hart im Nehmen ist, mag sich hier verköstigen.

Kartenansicht der Tour