Auf der Peene von Demmin nach Jarmen
10.-11.05.2024 - 2-tägige Kajaktour auf der mittleren Peene mit Übernachtung in Alt PlestlinLänge: 32 km
Einige Fahrten auf der Peene habe ich schon unternommen. Vom Kummerower See flussabwärts bis Demmin und wieder zurück. Von Freest am Greifswalder Bodden über Peenemünde stromaufwärts durch das Usedomer Achterwasser bis nach Anklam. Auch von Jarmen nach Anklam bin ich schon einmal gepaddelt. Nur die Strecke von Demmin nach Jarmen fehlte mir noch (und natürlich Erkundungen der Quellflüsse Nordpeene, Westpeene und Ostpeene, um das Ganze zu komplettieren).
So bin ich sozusagen ein fragmentierter Flusspuzzle-Peenepaddler und kann die Fahrten leider nur in meiner Erinnerung zu einem Ganzen zusammenfügen. Schöner wär’s gewesen, die Peene einmal vollständig in einem Stück von der Quelle bis zur Mündung zu befahren, aber das kann ja noch kommen.
Die 2-tägige Tour, die zugleich mein Einstand in das Paddeljahr 2024 ist, beginnt am Wasserwanderrastplatz Demmin. Auf der Hinfahrt deponiere ich noch mein Fahrrad in Jarmen – für die Rückholaktion des Wagens am nächsten Tag. Es ist sonnig warm, ein schöner Tag im Mai. Der Wind aus Nordwest verspricht Rückenschub auf der Fahrt nach Osten. Und die Peene fliesst ja mit ihrem nicht vorhandenen Gefälle eigentlich immer dahin, wohin auch der Wind weht – gute Voraussetzungen also, um flott voranzukommen.
Als ich das Kajak an der Steganlage bepacke, kommt die Hafenmeisterin vorbei und fragt, ob ich hier übernachten wolle. Denn das ginge leider nicht. Die sanitären Anlagen werden grade neu gemacht und die Arbeiten verzögern sich – sie zeigt bedauernd auf die rohen Fundamente der neuen Anlage. Ich möge andere Paddler vorwarnen, denen ich begegne. Das sei auch an dieser Stelle getan und man möge sich vorher informieren, ob die Übernachtung wieder möglich ist.
Zum Glück habe ich die Fahrt ja anders geplant und paddle nach einigen Minuten frohgemut aus der Anlage Richtung Peene, die hier durch das Stadtzentrum mit einem imposanten Backstein-Speicher führt.
Leider kommt gleich eine Karawane an Motoryachten hinter mir auf, die zwar rücksichtsvoll, aber eben doch mit ordentlicher Heckwelle unterwegs sind. Auch der Wind kommt entgegen der Vorhersage grade mal frisch von vorn. Soll das jetzt die ganze Zeit so weitergehen? Das Bavaria-Rallye ohne Spritzdecke ist leider anfällig für ein unvermutetes Überschwappen von seitlich oder von hinten aufkommenden Wellen über den Süllrand, so dass ich etwas nervös werde.
Aber schon nach kurzer Zeit biegt die gesamte Karawane unvermutet in die Trebel, die gleich hinter Demmin in die Peene mündet, nach Norden ab. Ich wundere mich, denn ich dachte, die Trebel wäre ein kleines Wiesenflüsschen, dass grade mal für Kanuten befahrbar wäre. Auf Googlemaps ist auch keinerlei Hafen in absehbarer Nähe verzeichnet.
Aber mir soll’s egal sein und die Jachten mögen in Frieden abbiegen. Motor- und Wellenspuk sind vorbei und es beginnt das stille Peeneglück, dass ich schon gut kenne.
Ab jetzt gibt es kaum noch Verkehr, auch kaum andere Kanuten. Stattdessen Wiesen, Erlen, Weiden, Schilfufer, Graureiher, Stockenten, wenige Schwäne, ein paar Falken, ab und zu platschende Fische und immer wieder tiefe Einblicke in die aufgelassenen Torfstiche der Vergangenheit, die zu kleinen langgezogenen Seen geworden sind und im rechten Winkel rechts und links des Flusslaufes abzweigen.
In früheren Planungen für diese Strecke hatte ich mir Sorgen über Übernachtungsmöglichkeiten gemacht. Die sumpfigen Ufer der Peene sind kaum betretbar und mir schien es, dass es hier auch gar keine offiziellen Rastplätze mit Zeltmöglichkeit gibt. Hier kann ich aber Entwarnung geben. Entweder habe ich nicht gut recherchiert, oder es hat sich viel getan für den Wassertourismus. Auf den 30 Kilometern bis Jarmen gibt es mindestens 3 Wasserwanderrastplätze mit Übernachtungsmöglichkeit: Pensin, Sophienhof und Alt-Plestlin. Dazu gibt es in der Stadt Loitz einen Campingplatz. Nur in Jarmen hat sich leider noch nichts getan.
Ich komme wirklich gut voran. Hinter Pensin holen einige Regatta-Ruderboote mit älteren Herrschaften auf. Sie sind auf dem Weg nach Loitz.
Die Kleinstadt Loitz, an deren Hafenpromenade es ganz lebendig zugeht, könnte sich als Zwischenstation für die Verproviantierung anbieten, denn hier gibt es 2 Supermärkte. Ich habe aber alles dabei und will auch den Paddelflow nicht unterbrechen.
Gegen 18 Uhr komme ich nach gut 20 Kilometern in Alt Plestlin an. Der Wasserwanderrastplatz ist recht klein. Nur eine handtuchgroße Fläche ist zum Zelten geeignet, das Gelände drumherum ist sumpfig. Einige Kanuten mit Faltbooten und Kajaks sind schon da. Der Betreiber kämpft grade mit den sanitären Anlagen. Die Toiletten waren verstopft, er hat sie aber grade reparieren können. Die Duschen bleiben aber leider kalt. Im Ort-Plestlin gäbe es eine Art Bistro, das aber schon zu hat. Nun ja, ich habe nicht viel erwartet – für 19 € ist das aber eine teure Angelegenheit.
Ich wandere einmal durch Alt-Plestlin. Der Weg vom WWR in den Ort führt an einem klobigen Herrenhaus vorbei, das zwar eine interessante Historie hat, aber nicht wirklich ein schönes oder auch nur herrschaftliches Antlitz bietet. Der Ort selbst wirkt eingeschlafen. Es gibt aber eine kleine Bücherstube mit den üblichen Bestsellern der vergangenen 50 Jahre. Die Dorfkirche wurde zur Wasserwanderkirche gewidmet. Der links der Kirche eng angebaute Holzfachwerkturm weist eine bedenkliche Neigung Richtung Pisa auf. Daneben liegen verlassene Ruinen mehrerer Gebäude oder Stallungen.
Am Abend herrscht munteres Geplauder der Kanugruppe und, etwas abseits, von den Anglern eines Hausbootes, die ihren Fang zerlegen. Ich sitze sinnend am Hafenkai. Heerscharen von Mücken fliegen in unermüdlichen Kampfgeschwadern heran, sind aber durch Autan halbwegs in Schach zu halten. Dank Oropax habe ich eine ruhige Nacht mit milden Temperaturen.
Nach kalter Dusche, einem Nescafé und einem Porridgebrei aus der Tüte bin ich am nächsten Morgen unterwegs auf den verbleibenden 11 km nach Jarmen.
Das Tourismusmarketing Mecklenburg-Vorpommerns verkauft die Peene gerne als „Amazonas des Nordens„. Das ist ein schöner Ausdruck. Ich vermute aber, am Amazonas sieht es doch deutlich wilder aus. Immerhin gibt es tatsächlich Stellen, an denen das von der Peene umspülte Wurzelwerk der Erlen am Ufer einen leicht dschungelartigen Mangroven-Eindruck vermittelt.
Gegen Mittag nach etwa 2 Stunden Fahrt komme ich in Jarmen an, wo große Getreidespeicher am Hafen imponieren. Die 1907 als „Elektrische Kunstmühle Jarmen“ in Betrieb genommene Mühlanlage wurde nach wechselvoller Geschichte 2020 trotz Bürgerprotesten stillgelegt. Sie steht unter Denkmalschutz.
Über die Peene führt hier die L23 und dahinter befindet sich eine kleine Slipanlage mit Parkplatz, wo meine Kajaktour endet.
Es bleibt noch die etwa 20 km weite Rückfahrt mit dem am Jarmener Rathaus abgestellten Fahrrad über Äcker und Wiesen. Auf dem Weg nach Demmin komme ich dabei noch einmal an den Orten Alt-Plestlin, Sophienhof und Pensin vorbei.
Mein Peenepuzzle ist nun vorerst zusammengesetzt. Aus Teilen ist schließlich ein Ganzes geworden.
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