Auf der oberen Havel von Wesenberg nach Fürstenberg

10.09.2022 - Kajak Tagestour auf der oberen Havel vom Städtchen Wesenberg am Woblitzsee bis nach Fürstenberg am Röblinsee

Länge: 22 km



Die ersten 30 Kilometer habe ich auf meiner Jungfernfahrt bereits auf der Havel zurückgelegt und bin von Kratzeburg am Käbelicksee nach Wesenberg am Woblitzsee gepaddelt. Eine sehr schöne Tour. Heute will ich die nächste Etappe angehen.

Das Ziel ist diesmal Fürstenberg am Röblinsee. Es wird wieder durch einige Seen und auch längere Havelstrecken Richtung Süden gehen. Etwa 22 Kilometer liegen vor mir. Zwei Schleusen (Wesenberg und Steinhavel) wollen überwunden werden.

Obwohl von Geburt an leider Spätaufsteher, habe ich mich durchgerungen, um 8 Uhr loszufahren. Regen und Gewitter sind nämlich ab 14h angesagt. Falls der Wetterbericht stimmt, könnte ich es mit etwas Glück und 5 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit nach Fürstenberg schaffen. Für den Murphy-Effekt habe ich Spritzdecke und Regenjacke dabei.

Wieder fahre ich mit dem Auto über Liebenwalde, Zehdenick, Fürstenberg und Neustrelitz in den Müritz Nationalpark nach Wesenberg und nehme diesmal mein altes Bavaria Rallye Kajak mit, das etwas schneller als das Nortik Origamikajak meiner letzten Tour ist. In Wesenberg gibt es unweit des Wasserwanderer-Rastplatzes einen kostenlosen Parkplatz, auf dem noch genau ein Platz frei ist. Das Kajak kommt mit Gepäck auf den wirklich sehr praktischen, weil völlig zerlegbaren Carokanu-Bootswagen und über die kleine Parkanlage gelange ich in wenigen Minuten zu meiner alten Ausstiegsstelle und kann nahtlos an die vorige Tour anschliessen. Eine Band probt gitarrezupfend auf der nahegelegenen Wiese für ein nachmittägliches oder abendliches Konzert. Um 10:30 Uhr sind Zelt, Schlafsack, Kajakwagen und Proviant im Kajak verstaut und ich paddle los.

WWR Wesenberg
Einstieg am WWR Wesenberg

Der Woblitzsee liegt spiegelglatt vor mir und etwa 300 Meter rechterhand geht es auch schon hinein in die Haveleinfahrt.

WWR Wesenberg - Ausfahrt Woblitzsee
WWR Wesenberg – Ausfahrt zum Woblitzsee

 

 

Haveleinfahrt WoblitzseeHaveleinfahrt Woblitzsee

Gleich hinter einer Straßenbrücke links in einem kleinen Stichkanal befindet sich der Kanuverleih „Kanumühle“. Eine Menge Freizeitpaddler mit Leihkajaks sind von hier aus unterwegs, wie ich an der Schleuse Wesenberg merke, die ich mit einem kleinen Sprint noch erreiche. „Wer nicht paddelt, will nicht mit“, feixt der Schleusenwart einigen weiteren langsamen Nachzüglern zu. Beim weiteren Zuhören erfahre ich auch, dass Paddler allein nicht mehr geschleust werden, sondern mindestens 2 Motorboote dabei sein müssen.

Havelschleuse Wesenberg
Havelschleuse Wesenberg

Zusammen mit dem fröhlichen Paddlerpulk fahre ich aus der Schleuse und befürchte schon, nun die ganze Strecke in Begleitung fahren zu müssen. Aber schon nach wenigen hundert Metern biegt der Schwarm hinter mir rechts ab. Hier geht es hinein in die Schwaanhavel,  einem kleinen Flüsschen, das etwa 6 km mäandrierend zum Plätlinsee und zum Ort Wustrow hinführt und offenbar eine beliebte Kurztour abgibt.

Wieder allein ziehe ich weiter, wobei hier doch einiger Motorbootverkehr herrscht. Grade die schwachmotorisierten Hausboote, die hier zu Hauf herumfahren, kommen nur langsam auf und nerven etwas mit den penetranten Rasenmähergeräuschen ihrer Außenborder.

Havel nahe Drewensee
Havel nahe Drewensee

Die Havel hat hier lange nicht mehr den jungfräulichen Charakter wie auf meiner ersten Tour. Es ist schon deutlich ein Fluß für Motorboote und trotz bis zu 25% Anteil am Verkehrsaufkommen durch Kajaks und Kanus hält man es noch nicht für nötig, hier etwas mehr Infrastruktur (Schwimmstege, Rastplätze, etc.) zu schaffen.

Aber das ist Gemeckere auf hohem Niveau. Die Havel hat auch hier viele schöne Strecken. Die Seen tun ihr übriges dazu und schaffen die nötige Weite. Zeltplätze sind stets in erreichbarer Nähe und am Ufer von Havel und Seen finden sich immer wieder Stellen zum Anlanden und Pausieren.

Nach etwa 4 Kilometern streife ich das Westufer des Drewensees, der sich weitläufig, aber nicht direkt einsehbar über 4,5 km nach Osten erstreckt. Am Beginn des nächsten Havelabschnittes unterquert man eine schöne alte überdachte Holzbrücke beim Örtchen Ahrensberg.

Havelbrücke Ahrensberg
Havelbrücke Ahrensberg
Drewensee
Auf dem Drewensee

Über etwa 2 km führt die Havel nun weiter in den Wangnitzsee, in dem östlich eine schöne kleine Insel mit Namen Bülowwerder imponiert.

Bülowinsel im Wangnitzsee
Insel Bülowwerder im Wangnitzsee

Es geht rechts und südwärts zum kleinen Priepertsee, der seinen großen Bruder ankündigt. Am Großen Priepertsee tut sich ein dramatisches Wolkenspiel auf. Der Himmel über Berlin kann hier nicht wirklich mithalten.

Wolken über dem Priepertsee
Wolkenpracht über dem Priepertsee

Ich mache eine kleine Pause am Westufer und paddle dann weiter Richtung Priepert. Auch hier tut sich eine fast surreale Fotokulisse auf. Ich schwöre, es liegt kein Farbfilter drauf.

Havel bei Priepert / Priepertsee
Großer Priepertsee mit Sicht auf den Ort Priepert

Hinter Priepert folgt wieder ein kurzes Stück Havel, bevor sich nach knapp 500 Metern der Ellbogensee mit seiner namensgebenden Form anschliesst. An dessen südlichen Ende bei Großmenow liegt der Zeltplatz „Naturcamping Ellbogensee“, der unlängst in die Schlagzeilen geriet, als der vormals omnipräsente Virologe Drosten hier im Urlaub von dauercampenden Gästen angefeindet wurde.

Es folgt der Ziernsee, ebenfalls mit einem Campingplatz ausgestattet und dann wieder ein Stück Havel, hier an einer Stelle von schönen alten Bootshäusern gesäumt.

Havel Bootshäuser
Havel Bootshäuser zwischen Ziernsee und Menowsee

Im Osten tut sich schon eine dunkle Wetterfront und bedrohliches Donnergrollen kündet davon, dass der Wetterbericht sein Recht einfordert. Nun, es ist ja nicht mehr weit bis Fürstenberg, denke ich. Aber ich habe die Rechnung ohne die Schleuse gemacht. Denn hinter dem kleineren Menowsee, der nur am Rande gestreift wird, folgt erstmal die Steinhavel, an deren Ufern wirklich viele Steine als Befestigung liegen und an deren Ende, kurz vor dem Röblinsee, die Schleuse Steinhavel, die mich auf eine gehörige Geduldsprobe stellen wird. Ich ahne es schon, als einige entgegenkommende Motorboote an mir vorbeiziehen, dass ich es nicht mehr in die nächste Schleusung schaffen werde. Während ich in die Zielgrade vor der Schleuse einfahre, wo nur ein Motorboot in Warteposition liegt, paddelt vor mir eine Frau auf ihrem SUP elegant an die Steinkante am linken Ufer, schnappt sich ihr Brett und läuft zu Fuß zum Schleusenende.

Schleuse Steinhavel
Vor der Schleuse Steinhavel

Einen Schwimmsteg für Kanuten sucht man natürlich vergeblich, obwohl hier eine Riesenbaustelle war, da das Schleusentor bis Mai 22 komplett erneuert wurde. Langsam, sehr langsam findet die Gegenschleusung statt, während die Gewitterfront weiter auf der Lauer liegt. Ich dümple etwas nervös in der Havel und habe Zeit, mir die Ruinen der alten Mühlgebäude vom Wasser aus anzusehen. Weitere Motorboote und auch ein 2er Kajak kommen auf, bis die Schleusung endlich stattfindet.

Zum Röblinsee ist es jetzt ein Katzensprung, aber nicht mal 500 Meter vor dem Campingplatz öffnet der Himmel seine Schleusen ganz gewaltig.

Unwetter auf dem Röblinsee
Unwetter mit Regenbogen auf dem Röblinsee

Schön durchnässt dank löchriger Spritzdecke lande ich schließlich am Campingplatz Röblinsee an. Der Schauer hat schnell wieder aufgehört.

Campingplatz Röblinsee
kleine Bucht am Campingplatz Röblinsee

Auf dem Campingplatz herrscht reges Treiben einer Jugendgruppe, es gibt freie Platzwahl. Ich baue mein kleines Zelt auf und mache mich auf den Weg, den Wagen aus Wesenberg zu holen.

Zelt am Campingplatz Röblinsee
Camping unterm Hollerbusch am Röblinsee

Im Netto-Supermarkt in Wesenberg merke ich, dass die Zivilisation hier fern, sehr fern ist und was für ein Abenteuer ich überstanden habe. Ich möchte nämlich eine Dose Ravioli für’s Abendbrot kaufen, aber diese gibt es nicht. Sie ist auch nicht ausverkauft, sondern einfach nicht im Angebot. Ich wusste tatsächlich nicht, dass es auf dieser Erde einen so entlegenen Punkt gibt.

Infos

Kartenansicht der Tour