Rund um den Wandlitzsee

Zugegeben: der Wandlitzsee im Norden Berlins ist kein besonders aufregendes Gewässer für ein spannendes Kajakerlebnis in naturnaher Umgebung. Im Sommer ist er mit dem Strandbad und dem Surfverleih direkt an der S-Bahn ein vielbesuchter und überfüllter Badesee für Brandenburger und Berliner, der eher dem Vergnügen als dem einsamen Naturerlebnis dient. Nahezu ausnahmslos sind die Ufer bebaut, nur wenige freie Zugänge zum See sind vorhanden. Schon in der DDR-Zeit war Wandlitz ein beliebter Wohnort für SED-Bonzen und seitdem hat die Villendichte noch einmal zugenommen.

Auf der Suche nach einer Möglichkeit, meinen neuen Kajakwagen zu testen, der mir vor allem als Sackkarre für die große Packtasche  aber auch als Wagen für Überland-Portagen des aufgebauten Kajaks dienen soll, erschien mir der Wandlitzsee aber als guter Testparcours. Ich hatte mir den Wagen im letzten Jahr bei Caro Kanu bestellt und noch nie benutzt. Das recht große Gewicht von ca. 6kg machte mir etwas Sorgen, ob es sich mit dem doch noch recht leichten Origami-Kajak gut verträgt. Praktisch immerhin, dass ich selbst 4kg abgenommen habe – so sind es nur noch 2kg Mehrgewicht.

Die Testbedingungen sind ideal, denn der Parkplatz des Strandbades ist am späten Vormittag schon komplett überfüllt. Es ist mir aber nur recht, etwas weiter laufen zu müssen – dafür soll sich der Kajakwagen ja schliesslich beweisen. Nach einiger Irrfahrt um den dicht bebauten See gelange ich an einen kleinen kostenlosen Parkplatz, der etwa 300 Meter von einer Badewiese am Nordufer des Wandlitzsees entfernt liegt. Es zeigt sich: Der Kajakwagen ist wirklich genial konstruiert und lässt sich mit wenigen Handgriffen zu  einer stabilen Sackkarre aufbauen. Die mit Gurten darauf verzurrte Kajak-Packtasche lässt sich darauf mühelos bewegen, so dass auch längere Strecken von mehreren Kilometern unproblematisch sind. Der Wagen lässt sich zudem mit einer Fahrradkupplung ausstatten. Ein himmelweiter Unterschied zu meiner improvisierten Mini-Sackkarre, die ich im letzten Jahr genutzt hatte. Allerdings bringen die großen Räder und die stabilen Alugestänge auch Gewicht.

Auf der kleinen Badewiese mühe ich mich zunächst unbeholfen ab, die Kederleisten des Nortik-Folds passend ineinanderzufädeln. Als endlich alles passt, schiebe ich die Ortliebtasche mit dem auseinandergebauten Kajakwagen hinter den Sitz und trage das nun ca. 24kg schwere Kajak ein paar Meter zum Wasser – auch das geht gewichtstechnisch noch.

Der Wandlitzsee ist für böige Westwinde bekannt – daher ist er auch ein beliebtes Windsurfrevier. Auch heute bläst der Wind trotz 30 Grad Hitze mit etwa 4-5 Beaufort in den Böen, die das Wasser kabbelig machten. Interessanterweise liegt das Nortik aber mit dem Gewicht des Kajakwagens viel stabiler im Wasser. Im letzten Jahr kam es mir recht kippelig vor und ich konnte in Wellen kaum die Kamera halten, um mal ein Foto zu machen – jetzt ist das gar kein Problem mehr. Auch langsamer wird das Kajak durch das Gewicht nicht – mit guter Schrittgeschwindigkeit geht es auch gegen den Wind spurtreu voran.

Da die meisten Windsurfer aufgrund des mühseligen Aufkreuzens gegen den Westwind nur im östlichen Bereich des Wandlitzsees unterwegs sind und die schattige Badewiese schon am Rand dieser Surf- und Funzone liegt, wird es bald ruhiger und der See nimmt ein ganz anderes, viel entspannteres Antlitz an, zumal der Wind weiter im Westen durch den Uferbewuchs wieder abflaut. Um die Rundtour um den kleinen See vor meinem inneren Auge zusätzlich attraktiver zu machen, stelle ich mir einfach vor, dass die Uferseite ein Flussufer darstellt, an dem ich mit all seinen kleinen Mäandern entlangpaddle. Diese Illusion gelingt durchaus überzeugend. Schilfufer mit kleinen Boots- und Badestegen auf der „Fluss“-seite, Seepanorama auf der anderen Seite und nur vereinzelt ein paar sonnenhungrige Standup-Paddler vervollständigen die Idylle. Nach einer Weile macht der Wandlitzsee einen Knick nach Südwest und die Strandbadgegend verschwindet ganz aus dem Blick.

Nach etwa 3,5km erreicht man dann auch schon eine dichte Schilfzone, die das südwestliche Seeende begrenzt.

Die Fahrt geht nun am anderen Ufer wieder zurück, vorbei an einem Hotelkomplex bis vor das Strandbad und den Surfverleih am Ostufer.

Einige Wingfoiler sind unter den Surfern und bereichern das klassische Wandlitzsee-Bild noch unbeholfener Anfänger direkt am Ufer und den erfahrenen Surfern, die meist weit aus dem Westen herangleiten, oft auch mit Foils unterwegs. Ehrlich gesagt kann ich dem Foilen nicht soviel abgewinnen – man verliert den Kontakt zum Wasser.

Mit meinem Kajak schlängele ich mich durch die Menge und bin schon kurz danach wieder an meiner Badestelle angelangt. Ich bin also einen Fluss entlanggepaddelt, der im Kreis an seinen Ausgangspunkt zurückführt. Abbau, Verpackung und Rücktransport mit dem Kajakwagen funktionieren mühelos.

Quod erat demonstrandum:

• Caro Kanu baut tolle und flexible Kajakwagen, etwas schwer, aber leicht zu handlen auch bei großem Gepäckvolumen
• Das Nortik Fold 4.2 kommt mit der Zuladung gut zurecht, die etwas tiefere Lage stabilisiert das Kajak sogar
• Eine Fahrt am Seeufer entlang kann man auch als Flussfahrt im Kreis interpretieren und damit den Badesee zum Amazonas ausrollen